Im Interview erzählt Martin Schumacher von seinen Erfahrungen mit psychischen Problemen, wie er «weichgekocht» wurde und dabei lernte, sich selbst, Gott und andere besser zu verstehen. Wenn Schweres Segen hervorbringt.
Interview: Daniela Wagner
26. Februar 2024

Wie kam es zu Ihrem Berufswunsch «Biochemiker»? Was faszinierte Sie daran?

Martin Schumacher: In der Schule interessierte mich das Fach Chemie ganz besonders. Schon als Teenager kaufte ich mir Lehrbücher über Biochemie und Pharmakologie. Eine Ausbildung zum Chemielaboranten war deshalb naheliegend. Da ich mich zu «Höherem» berufen fühlte, entschied ich mich für ein Studium der Chemie. Meine Schwerpunkte waren Organische Chemie und Biotechnologie (Angewandte Mikrobiologie). Nach Abschluss des Studiums arbeitete ich zwei Jahre als «Postdoc» am Institut für Physiologische Chemie der Medizinischen Fakultät der Universität Köln. Während dieser Zeit machte ich mich mit den Methoden der Biochemie vertraut und besuchte auch viele Vorlesungen über medizinische Biochemie und ihre Grenzgebiete (z. B. Molekularbiologie, Immunologie, Genetik und Virologie). Das war eine sehr spannende Zeit. Das ganze Gebiet der Biochemie ist ungeheuer komplex und herausfordernd. Hier ein wenig in die Rätsel der Natur eindringen zu dürfen, ist intellektuell sehr befriedigend.

Inwiefern sind Sie ein Forschertyp, ein Denker?

Im Studium ging es nicht nur darum, Fakten kennenzulernen. Wir wurden vielmehr dazu angeleitet, Zusammenhänge und Gesetzmässigkeiten selbstständig zu erforschen und zu erkennen. In diesem Sinn lag der Schwerpunkt klar auf der Forschung, was auch meiner Persönlichkeit entspricht. Über Herausforderungen und schwierige Probleme nachzudenken, bereitete mir immer Freude. Überaus spannend ist etwa die Wirkung von Pharmaka auf molekularer Ebene – da ist nichts dem Zufall überlassen. Auch die Gesetzmässigkeiten der Genetik lassen einen staunen.

Führten die Erkenntnisse dieser Gesetzmässigkeiten in der Natur auch zu Fragen nach dem Sinn des Daseins oder haben Sie die Studentenjahre einfach nur «genossen»?

In meiner Teenagerzeit unterhielten wir uns oft stundenlang über wichtige existenzielle Fragen. Den wahren Sinn des Lebens zu verstehen, war uns sehr wichtig. Dass Wohlergehen und gesellschaftlicher «Erfolg» dies nicht sein kann, war uns allen klar. Es war die Zeit des Vietnamkriegs und der Hippiebewegung, die uns stark prägte. Gott war auch ein Thema, jedoch mehr in einem abstrakten Sinn. Allerdings gab es auch das Verlangen nach Spass und Freude im Kreis der Freunde. Musik, Drogen und Alkohol durften dabei nicht fehlen. Es waren Jahre des «Auf und Ab», zwischen schönen Wochenenden und den eher tristen Tagen der Arbeitswoche. In dieser unbefriedigenden Situation blieb das Herz leer und es war offensichtlich, dass dies nicht das wahre Leben sein kann.

Ihrer Erklärung nach war Ihnen schon als junger Mann klar, dass es einen Gott geben muss, den Sie aber nicht kannten. Im Studium setzten die Dozenten wohl schon damals auf die Evolution und den Menschen als autonomen Macher. Waren Sie trotzdem auf der Suche nach diesem unbekannten Gott?

Ja, im Studium gab es für Gott keinen Platz und die Evolutionstheorie wurde als erwiesen gelehrt. Von zu Hause war ich zwar kirchlich geprägt, hatte jedoch von Gott, falls es ihn denn gäbe, nur ganz vage Vorstellungen, die keinerlei Einfluss auf mein tägliches Leben hatten.
Bei einem Aufenthalt in Kanada kam mir in einer Brockenstube die Autobiografie des tibetanischen Lamas Lobsang Rampa mit dem Titel «Das dritte Auge» in die Hände. So unwahrscheinlich es auch klingen mag: Gott hat es gefallen, durch dieses Buch meinen Blick und mein Interesse auf die unsichtbare Welt zu lenken, die jenseits unserer materiellen Welt liegt. Da ich schon immer gerne und viel las, schaffte ich mir viele Bücher zu «spirituellen» Themen wie Esoterik, Mystik und östlichen Religionen an. Gott nutzte diese Lektüre, um in mir die Überzeugung zu festigen, dass es einen Schöpfergott geben muss. Allerdings hat die Tatsache, dass ich weder Ihn noch Seinen Plan für mein Leben kannte, mir grosse innere Not bereitet.

Lesen Sie das ganze Interview in ethos 03/2024