«Wieso hast du dich entschieden, heterosexuell zu leben?» Mit solchen und ähnlichen Fragen müssen sich Kinder im heutigen Sexualkunde-Unterricht auseinandersetzen.
Albert Wunsch
8. Dezember 2018

Seit etlichen Jahren wird in der Politik vehement auf das Konzept des «Gender-Mainstreaming» (GM) gesetzt. Mit dem Begriff «Gender» bezeichnet man in den Sozialwissenschaften die durch Gesellschaft, Kultur und Erziehung geprägten Geschlechtseigenschaften einer Person in Abgrenzung zu ihrem biologischen Geschlecht (engl. «sex») und in diesem Kontext meist mit «soziales Geschlecht» übersetzt. Der Begriff wurde erstmals 1985 auf der 3. UN-Weltfrauenkonferenz in Nairobi diskutiert und zehn Jahre später auf der Weltfrauenkonferenz in Peking weiterentwickelt. Seit dem Vertrag von Amsterdam von 1997/1999 ist Gender-Mainstreaming ein erklärtes Ziel der Europäischen Union. Es geht um die «umfassende Implementierung einer Gender-Perspektive» in die Gesellschaftspolitik. Durch diese Strategie soll die Gleichstellung der Geschlechter erreicht werden. Die veröffentlichten Texte und Verlautbarungen zeigen jedoch offensichtlich, dass sie nicht Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit zum Gegenstand haben, sondern eine Aufhebung des bisherigen Geschlechterverständnisses. Biologische und psychische Faktoren bei der Geschlechtszuordnung werden ignoriert.

Wenn Ideologen Geschlechts-Unterschiede torpedieren

Gender-Mainstreaming-Ideologen gehen noch einen Schritt weiter, indem sie die Bipolarität der Geschlechter leugnen und behaupten, dass jeder Mensch, unabhängig von seiner biologischen Prägung, frei ein «Geschlecht» wählen und auch wieder abwählen könne. Die Heterosexualität sei ohnehin ein Repressions-System. Gender-Theoretiker sprechen auch von Zwangsheterosexualität. Auf der Basis dieses konstruierten Denkansatzes sollen Kinder angehalten werden, sich nicht als Jungen oder Mädchen, sondern als offenes Neutrum zu empfinden. Verhalten sie sich dennoch nach den Vorgaben ihres Geschlechtes, sollen sie im Sexualkunde-Unterricht durch Fragen wie: «Wieso hast du dich entschieden, heterosexuell zu leben?» dazu geführt werden, sich für eine lesbische, schwule, bisexuelle, transsexuelle, transgender, intersexuelle, queere (LSBTTIQ) oder sonstwie geprägte Identität zu entscheiden.

Josef Kraus, langjähriger Präsident des Deutschen Lehrerverbandes: «Das Frauenbild des Gender-Mainstreaming ist dabei geprägt von Simone de Beauvoir und ihrem feministischen Klassiker «Das andere Geschlecht» (1949, deutsch 1951). Dort beklagt sich de Beauvoir einerseits darüber, dass die Frau Opfer ihrer biologischen Funktion sei. Andererseits erklärt sie: «Man kommt nicht als Frau zur Welt, man wird es.»

Das Männerbild des GM scheint dagegen von einer höchst biologistischen Betrachtungsweise beeinflusst: Männer hätten einfach ein falsches Chromosom, das für die Produktion von Testosteron verantwortlich sei. Testosteron aber bedeute Terror, Tyrannei, Tod und Teufel; Östrogen dagegen bedeute Friedlichkeit, Fruchtbarkeit, Frohsinn.»1

Wenn Staaten die Begriffe «Vater» und «Mutter» verbieten

Die EU drängt darauf, dass anstelle der bisherigen Sprachregelung nun die Bezeichnungen «Elter 1» und «Elter 2» zur offiziellen Amtssprache werden. Obwohl die Schweiz nicht Mitglied der EU ist, wurde im Kanton Bern diese Bezeichnung als Erstes offiziell übernommen. In manchen Gemeinden Englands gibt es einen Leitfaden für Lehrer: Man darf nicht mehr von «Mum and Dad» sprechen. Es könnte ja schliesslich Kinder geben, die statt «Mum and Dad» eben «Dad and Dad» oder «Mum and Mum» haben. In Spanien soll es laut einem Gesetz der sozialistischen Regierung nicht mehr Vater und Mutter heissen, sondern progenitor A und progenitor B. Da fehlt nur noch – auch das bereits ein Vorschlag –, dass Neugeborene geschlechtsneutrale Namen bekommen sollen, damit sie später ihr Geschlecht selbst auswählen können.

Um dieses Vorhaben umzusetzen, wird viel Geld in Genderforschungs-Projekte gepumpt und ordentlich Zwang auf Lehrer und Studierende ausgeübt. An manchen Universitäten bekommt man in Examensarbeiten Punktabzüge, wenn keine gendergerechte Sprache verwendet wird.2 Ein weiterer Beleg für das Vordringen der Gender-Ideologie im Hochschulbereich: In Deutschland gibt es derzeit über 210 Professuren für Genderforschung, aber nur ca. 120 Professuren für alte Sprachen.

Schon 1998 bestimmte der schwedische Staat, dass die Geschlechtergleichstellung in schwedischen Kindergärten vorangetrieben werden solle. Das grosse Ziel: «Jedes Kind soll sich so entwickeln, wie es möchte, und sich nicht durch geschlechtsspezifische Stereotypisierungen in der Erziehung und Erwartungen der Gesellschaft in eine bestimmte Rolle gedrängt fühlen.» Schwedens Vorschulen setzen mit «Egalia» auf das Prinzip: «Sei, was du willst!»3

Der «Bildungsplan 2015» in Baden-Württemberg setzte fest, dass in den Kindertagesstätten (Kitas) für drei- bis sechsjährige Kinder ein Umerziehungsprogramm einzuführen ist. In der Schrift «Gleichstellung beginnt im Kindergarten. Eine Arbeitshilfe zur Umsetzung von Gender-Mainstreaming in Kindertageseinrichtungen», herausgegeben vom Ministerium für Arbeit und Sozialordnung, Familien und Senioren Baden-Württemberg4, wird herausgestellt: «Geschlechter werden gemacht, können aber auch neu ausgebildet und verbessert werden. Es gilt, Geschlechterpotenziale zu nutzen! Wir sehen Geschlechter besonders in ihren gestaltbaren Seiten und nutzen dieses Potenzial bei der Entwicklung von Organisationen und Unternehmen.» Die sogenannten Bildungspläne der anderen Bundesländer weisen in dieselbe Richtung.
 
Wenn Jungen sich nicht mehr als Jungen verhalten dürfen

Unter dem provokanten Titel «Die Enteignung des Phallischen» berichtete Prof. Dr. Walter Hollstein (Basel) im Eingangsreferat auf dem von der Uni Düsseldorf veranstalteten Männerkongress 2014 von einigen Begebenheiten, welche verdeutlichen, wie Buben ihres Lebensraumes beraubt und an einer artgerechten Entwicklung gehindert werden.

Die Leiterin einer Schule in Basel veranlasst, die Markierungen für die Ballspielfläche auf dem Schulhof aufzuheben, weil die Jungen in der Pause nicht herumtoben, sondern besser miteinander reden sollten, das wäre auch gesünder. Eine Lehrerin in Brandenburg gestaltet den Sportunterricht für 12–14-jährige Jungen und Mädchen, indem sie Schleiertänze einüben lässt. Und eine andere Sportlehrerin lässt beim Basketball den Jungen einen Arm auf den Rücken binden, um den Mädchen auch eine Gewinnchance zu geben.»5 Auch wenn der Buchtitel von Prof. Dr. Gerald Hüther: «Etwas mehr Hirn, bitte» (2015) nicht auf solche Umerziehungs-Praktiken bezogen war, hätte er als Appell eine grosse Funktion.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 12/2018.

 

 

1    iDAF-Aufsatz des Monats 1 II/2017: Gender-Mainstream und Pädagogik – Wie passt das zusammen?
2    ebenda.
3    DIE ZEIT, 16. August 2012.
4    Die 80-seitige Schrift kann von der Internetseite http://www.sozialministerium-bw.de heruntergeladen werden.
5    http://tv-orange.de/2014/09/feministischer-master-plan-zur-entmannung-der-gesellschaft/, ZG 11.1.2017).