Es ist altmodisch. Es ist unpopulär. Es ist schwierig, umzusetzen. Manchmal mag es ungerecht sein, unverständlich und unbequem. Und doch – klar und unmissverständlich fordert Gott in den Zehn Geboten:
Sabine Kähler
1. August 2020

Ehren – was für ein altmodischer Begriff! Was bedeutet das überhaupt? Ich kann jemanden verehren, ihm Ehre erweisen oder die Ehre geben, etwas in Ehren halten oder die Ehre wahren. Ehren heisst wertschätzen, verherrlichen und für gewichtig halten – aber ist das noch zeitgemäss? Klingt es nicht allzu sehr nach Verehrung im Sinne von Huldigung? Niederfallen?

Schliesslich sind Eltern – Vater und Mutter – fehlerbehaftete Menschen, unvollkommene Sünder, alles andere als perfekt – und sie sollen Ehre bekommen?

Andererseits hat Jesus radikale Dinge gelehrt: die Feinde lieben, Gutes tun denen, die uns hassen, und segnen, die uns fluchen. Da erscheint das Gebot, die Eltern zu ehren, ja fast schon harmlos.

Unser Vorbild zählt

Kinder haben alles Mögliche im Kopf – das Verlangen, die Eltern zu ehren, gehört da sicherlich nicht dazu. Zumindest war es bei unseren so. Wenn Eltern dann die Moralkeule schwingen, den Kindern Vorhaltungen machen und mit pädagogischer Nörgelei «Ehre» einfordern, ist ihr Ansinnen schon von vornherein zum Scheitern verurteilt. Wir müssen unseren Kindern ganz praktisch zeigen, was es heisst, die Eltern zu ehren. Dazu gehört natürlich zuerst einmal, dass wir selbst mit gutem Beispiel vorangehen. Kinder beobachten genau, wie wir mit unseren Eltern umgehen. Sprechen wir, in deren Abwesenheit, schlecht über sie? Behandeln wir sie höflich und zuvorkommend, oder reagieren wir im Gespräch mit ihnen eher genervt und verdrehen die Augen? Kommt es vor, dass wir sie unfreundlich anfahren und dabei vielleicht auch laut werden? Kinder lernen durch unser Vorbild – auch durch unser schlechtes Vorbild. Wer später, in höherem Alter, erwartet, dass seine Kinder ihm auf freundliche Art und Weise begegnen, tut gut daran, dies im Umgang mit den eigenen Eltern vorzuleben.

Natürlich gehört es dazu, gewisse Verhaltensweisen zu korrigieren. Meine Kinder haben es in noch recht jungem Alter alle probiert. In ärgerlichem Tonfall bekam ich beispielsweise zu hören: «Du bist dumm, Mama!», oder: «Ich find dich blöd!» Stopp! Das konnte und wollte ich mir nicht gefallen lassen. Wenn ich meinem vierjährigen Sprössling nicht Einhalt gebiete – was wird es mir dann mit 16 oder 17 Jahren an den Kopf werfen? Meine Kinder mussten lernen, dass es so nicht geht.

Ehren heisst also, verbal nicht zu entgleisen und gewisse Grenzen nicht zu überschreiten.

Gegenseitiges Verständnis

Ab einem gewissen Alter findet man Eltern uncool. Man stellt ihre Autorität infrage, belächelt ihre Moralvorstellungen und will sich nichts vorschreiben lassen. Manche Jugendliche heute sind besser ausgebildet als ihre Eltern, kennen sich mit den neuesten technischen Errungenschaften ausgezeichnet aus und betrachten ihre «unwissenden» Eltern mit einer gewissen Überheblichkeit.

Doch auch hier gilt das Gebot: «Du sollst Vater und Mutter ehren.» In meinem Umfeld erlebe ich (gläubige) Jugendliche, die auf dem Weg in die Selbständigkeit in dem Spannungsfeld zwischen Elternwünschen und eigenen Vorstellungen stehen und trotz unterschiedlicher Meinungen die Eltern ehren wollen. Wie kann das aussehen?

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 08/2020.