Abgeschieden und praktisch menschenleer – dafür tummeln sich hier Hunderttausende der farbenprächtigen Königspinguine.
Ulrich Flückiger
1. September 2017

Die abgeschiedene, kaum bekannte Insel liegt 1400 km östlich der Falklandinseln, mitten im südlichen Atlantik. Sie hat keine unmittelbaren Nachbarn. Die Antarktis ist etwa 1500 km entfernt, Südamerika 2100 km und Afrika ungefähr 4800 km.

Es war schon lange mein Traum, Süd-Georgien, eine der tierreichsten Regionen unserer Erde, kennenzulernen. Auf der 160 km langen und 30 km breiten Insel brüten rund 30 Millionen Seevögel, unter ihnen 400 000 Brutpaare der farbenprächtigen Königspinguine. Auch zahlreiche Robben, unter ihnen die mächtigen Seeelefanten, suchen die Insel zur Fortpflanzung auf.

Im November des letzten Jahres bot sich mir die Gelegenheit, eine Expedi-tionsreise zu diesem wenig bekannten Eiland zu unternehmen. In Puerto Madryn bei der Halbinsel Valdés erfolgte die Einschiffung. Nach einer rund fünftägigen Seefahrt erreichten wir die Westküste von Süd-Georgien. Es war ein überwältigender Anblick, als in den frühen Morgenstunden die rund 2000 m hohen, vergletscherten Gebirge der Insel auftauchten. Die Westseite von Süd-Georgien ist stärker den eisigen Winden ausgesetzt als die Ostseite. Die Insel weist elf Berge auf, die über 2000 Meter über Meer liegen. Süd-Georgien ist mit einem Stück Alpen verglichen worden, das mitten ins Meer gefallen ist. Es ist der sichtbare Teil des unter-seeischen Andenbogens, der sich bis zur antarktischen Halbinsel hinzieht.

Süd-Georgien gehört zum Überseeterritorium von Grossbritannien. Heute ist die Insel praktisch unbewohnt. Die einzigen sich ständig dort aufhaltenden Einwohner sind der Marineoffizier mit seiner Frau, welche in der ehemaligen Walfangstation Grytviken leben. Im Sommerhalbjahr beherbergt eine nahe gelegene Forschungsstation einige Wissenschaftler.

 

Ein Eldorado für Tierliebhaber

Weshalb suchen Abertausende von Tieren ausgerechnet diese Insel auf? All diese Tiere sind auf Nahrung aus dem Meer angewiesen. Die Schlüsselrolle im Nahrungsnetz der Antarktis hat der Antarktische Krill, ein Kleinkrebs, inne. Er hingegen ernährt sich von Phytoplankton. Das Vorkommen von Krill wird auf eine Milliarde Tonnen geschätzt und stellt die Hauptnahrung von Fischen, Seevögeln, Pinguinen, Robben und Walen dar. Für die Fortpflanzung, die Brut und Aufzucht der Jungen müssen Pinguine und Robben an Land gehen. Da es in der Region des südlichen Atlantiks und Pazifiks nur wenige kleine Inseln hat, sind die Küsten dieser Inseln zeitweise sehr stark von Tieren bevölkert. Für Tierfreunde ist es etwas Überwältigendes, die reiche Tierwelt in diesen Regionen zu beobachten.

(Artikelauszug aus ethos 9/2017)