Im Jahr 2021 wurden in Deutschland 2598 geschlechtsangleichende Operationen durchgeführt, davon 7,3 % an 15- bis 20-Jährigen. Insgesamt nimmt die Zahl der Kinder, die sich nicht mit ihrem biologischen Geschlecht identifizieren, rasant zu. Daten der Tavistock Gender Clinic in London bestätigen diesen Trend: Kamen im Jahr 2009 noch 51 Jugendliche zur Beratung ins Krankenhaus, waren es im Jahr 2022 bereits 3585. Die Mehrheit der Kinder, die sich als geschlechtsdysphorisch bezeichnen, sind Mädchen im Alter von 12 bis 17 Jahren (85 %).
Was ist Geschlechtsdysphorie?
Von Geschlechtsdysphorie oder Transgender spricht man, wenn das empfundene Geschlecht nicht mit dem biologischen übereinstimmt. Die Betroffenen fühlen sich «fremd» in ihrem Körper. Die Diagnose darf nach ICD-10 gestellt werden, wenn der genderdysphorische Zustand mindestens 6 Monate anhält und mit einem subjektiven Leidensdruck einhergeht. Bei Kindern vor der Pubertät gelten zusätzlich folgende Kriterien: Vorliebe für Kleidung, Aktivitäten und Spielzeug des anderen Geschlechts sowie bevorzugtes Rollenspiel im anderen Geschlecht.
Problematik
Kinder und Jugendliche mit Geschlechtsdysphorie sind biologisch gesunde Mädchen und Jungen. Bis auf wenige Ausnahmen weisen sie keine Fehlbildungen der Geschlechtsorgane oder Fehlentwicklungen der Geschlechtschromosomen auf. Auch die neuronalen Verknüpfungen im Gehirn unterscheiden sich zwischen Mann und Frau. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise dafür, dass Transgender-Kinder strukturelle Anomalien aufweisen, die ihre Geschlechtsdysphorie medizinisch erklären könnten. Die Existenz eines «Transgender-Gehirns» ist medizinisch nicht haltbar. Auch die Psychiater McHugh und Mayer von der John-Hopkins-Universität bestätigen: «Die Hypothese, dass bei einigen Menschen die Geschlechtsidentität ein angeborenes, festgelegtes, vom biologischen Geschlecht unabhängiges Merkmal ist – die Hypothese also, dass ein Mann oder eine Frau im falschen Körper geboren sind – hat keine wissenschaftliche Grundlage.»
Ursachen für Geschlechtsdysphorien bei Kindern und Jugendlichen
Doch wie entsteht der Gedanke, im falschen Körper geboren zu sein? Wie bereits festgestellt, kann eine Geschlechtsdysphorie nicht angeboren sein. Es muss also Auslöser geben. Eine Studie, an der vier europäische Genderzentren beteiligt waren, zeigt, dass 70 % aller Erwachsenen mit Geschlechtsdysphorie mindestens eine psychische Vorerkrankung haben oder hatten. Die meisten litten an Angststörungen und Depressionen. Diese Zahlen lassen sich auch auf genderdysphorische Kinder und Jugendliche übertragen.
Damit stellt sich die Frage nach der Kausalität. Was war zuerst da, die Dysphorie oder die psychische Instabilität? In einer finnischen Studie aus dem Jahr 2015 wiesen 75 % der Kinder mit Geschlechtsdysphorie eine psychiatrische Erkrankung auf. In 68 % der Fälle bestand diese bereits bevor sich der Wunsch, dem anderen Geschlecht anzugehören, manifestierte. In die gleiche Richtung weist eine 2018 veröffentlichte Studie aus den USA. 75 % der Mädchen und 71 % der Jungen hatten eine psychiatrische Erkrankung oder eine Entwicklungsstörung wie Autismus oder ADHS, bevor sie ihr biologisches Geschlecht ablehnten. In der Kontrollgruppe ohne Geschlechtsdysphorie waren nur 4 % der Mädchen und 3 % der Jungen psychi-
atrisch vorbelastet. Weiterhin sind Autismus-Spektrum-Störungen bei Transgender-Kindern mit 14–26 % im Vergleich zur Durchschnittsbevölkerung deutlich überrepräsentiert. Dies zeigen verschiedene Studien aus Finnland und Australien. In der Tavistock Gender Clinic in London waren es sogar 35 % aller geschlechtsdysphoren Kinder und Jugendlichen.
Diese Ergebnisse sind wichtig, um den Ursprung der Geschlechtsdysphorie zu verstehen. Die häufig geäusserte Behauptung, Kinder würden nur noch labiler, wenn man ihrem Wunsch nach einem Identitätswechsel nicht nachkomme, ist wissenschaftlich nicht belegt.
Bei einer Befragung von 80 000 Jugendlichen der 9. bis 11. Klasse, gaben Transgender-Kinder häufiger traumatische Ereignisse in ihrer Kindheit an als Non-Transitioners. Darunter fallen alle Formen von Gewalt, die unter dem Begriff ACE (Adverse childhood experiences) zusammengefasst werden. Die australische Studie von Kozlowska et al. zeigt, dass unter den Kindern mit Genderdysphorie 97,5 % mindestens eine Form der ACE erfahren hatten, im Durchschnitt sogar fünf verschiedene Formen. Die Studie verdeutlicht auch, dass die Mehrheit der Kinder eine psychiatrische Vorgeschichte hatte. Nur 11 % waren weder psychisch vorerkrankt noch litten sie an einer Entwicklungsstörung.
Auch Bindungstraumata können ein wesentlicher Faktor für die Entstehung einer Geschlechtsdysphorie sein. Der Bindungsexperte Allan Schore drückt dies so aus: «Das Unvermögen eines Kindes, sein Geschlecht anzunehmen, hat seine Wurzel aus unserer Sicht in der Beziehungsdynamik zwischen Mutter und Baby.»
Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 06/2024