Was findet sich in ihrem Aufgabenbereich? - Und was nicht?
Christa-Maria Steinberg
19. April 2021

Die Geburt Ihres ersten Enkelkindes haben Sie sicher in besonderer Erinnerung – insofern Sie nicht noch darauf warten. Es ist ein Tag der Freude, wenn ein gesundes Enkelkind zur Welt kommt, wenn man das Glück der jungen Eltern miterleben und das neugeborene Wunder in den Arm nehmen darf. Erinnerungen an die Geburt der eigenen Kinder werden wach. Wir sorgen uns um Mutter und Kind. Gleichzeitig sind wir froh, dass wir nicht nachts aufstehen müssen und nicht die Verantwortung tragen.

Man erzieht nur einmal

Alles hat seine Zeit (Pred. 3,1 ff.). Auch das Kindererziehen. In einer bestimmten Phase unseres Lebens haben wir Kinder grossgezogen. Jung und unerfahren waren wir damals, aber wir hatten Kraft und Mut. Unsere Erziehung ist mehr oder weniger gelungen. Nun ist sie abgeschlossen, unsere Kinder sind erwachsen, losgelöst von uns, eigenständige, fertige Persönlichkeiten. Zu erziehen gibt es da nichts mehr. Wohl den Eltern, die ihre erwachsenen Abkömmlinge vertrauensvoll als eigenständige Menschen achten und behandeln.

Ja, das Leben ist schwer für Eltern, die sich ihre Kinder anders vorgestellt hatten und an diesen Vorstellungen festhalten. Auch gläubige Eltern sorgen sich, möchten eingreifen, korrigieren, «helfen», «meinen es ja nur gut». Doch das geht nicht. Erzogen ist erzogen. Alles Weitere hält unser himmlischer Vater in seiner Hand.

Was Grosseltern dürfen

1. Sich an den Enkeln erfreuen, ohne die Verantwortung zu tragen. Es ist etwas ganz Besonderes, wenn man ein Enkelkind heranwachsen sieht. Mit der eigenen grossen Lebenserfahrung nimmt man seinen erwachenden Geist wahr. Wir haben Zeit, dem Kind zuzuschauen und zuzuhören. Wir beobachten, wie es lernt, sich zu bewegen, zu sprechen, seinen Willen zu äussern. Wir lernen das Kind kennen: was es gern isst, wie neugierig es zuschaut, wenn der Opa in der Werkstatt arbeitet.

Welche Freude, wenn das Kind zum ersten Mal «Oma» ruft und angetrippelt kommt. Man beginnt, Ähnlichkeiten zu entdecken: Seine Augen erinnern an den Vater, die Stimme klingt wie die der Mutter, als sie ein kleines Mädchen war. Wir freuen uns, wenn die Enkel gerne zu uns kommen, uns aus ihrem Leben erzählen, wenn sie gerne essen, was die Oma gekocht hat. Ihre Liebe und Zutraulichkeit beglückt uns. – Und wir dürfen die Kinder abends wieder abgeben. Wir tragen nicht die Verantwortung! Wir müssen uns nicht mit ihren Krankheiten herumschlagen, nicht nach einem vollen Arbeitstag Kraft aufbringen für die Abendzeremonie des Zubettbringens. Das Kind geht nach Hause, zu seinen Eltern.

2. Den Enkelkindern eine Freude machen. Grosseltern dürfen die Enkelkinder zu sich einladen – ein Ort, an dem alle zusammenkommen, Cousins und Cousinen sich treffen. In meiner Jugend gab es ein Buch mit dem Titel «Das Enkelhaus» (Agnes Sapper). Darin waren die Grosseltern in ihrem Waldhaus der Mittelpunkt jeweils herrlicher Ferien aller Enkelkinder.

Möglicherweise gibt’s bei Oma und Opa andere Bilderbücher und Spielsachen als zu Hause. Vielleicht sogar ein Enkelzimmer, falls sie mal über Nacht bleiben. Womöglich finden sich da noch Bücher und Spielzeug aus der Zeit, als die Eltern Kinder waren. Die Enkelkinder meiner Mutter haben ihr einmal die Wohnung renoviert, während sie im Urlaub weilte. Abends lagen all die heranwachsenden Mädchen und Jungs auf dem Boden und lasen in den alten Asterix-Heften, in denen schon ihre Eltern gelesen hatten – ein schöner Anblick!

Oma und Opa haben Zeit. Sie hören zu, sind gelassen gegenüber dem Kindergeplapper. Es macht ihnen nichts aus, immer wieder dasselbe Buch anzuschauen oder vorzulesen, dieselben Lieder zu singen, biblische Geschichten zu erzählen oder Erlebnisse von früher. Grosseltern spielen gerne. Ich kann mich noch gut an das Halma-Spiel mit meiner Oma erinnern. Sie verbaute mir doch tatsächlich meine Bahnen!

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 04/2021.