Obwohl jeder Mensch mit Gefühlen ausgestattet ist, nehmen wir sie ganz verschieden wahr und halten sie unterschiedlich aus. Wie lernen, damit umzugehen?
Dr. Wolfgang Vreemann
22. Juni 2022

Es gibt Menschen, denen es schwerfällt, ihre eigenen Gefühle richtig einzuordnen und zu deuten. Erst recht gelingt ihnen das dann nicht mit den Gefühlen ihrer Mitmenschen.

Wir besitzen ein sehr grosses Spektrum an Gefühlen. Da gibt es weit mehr als nur Liebe oder Angst. Die Aufzählung nebenan macht deutlich, dass es nicht so einfach ist, die verschiedenen Nuancen bei sich selbst und bei anderen richtig wahrzunehmen.

Einerseits sind da die negativen, belastenden und zerstörerisch wirkenden Emotionen wie Ärger, Angst, Hass und Verbitterung. Auf der anderen Seite zahlreiche angenehme Gefühle wie Dankbarkeit, Freude, Liebe und Zuversicht, die einen positiven Einfluss auf uns und andere haben. Wie kommt man dahin, mit diesen unterschiedlichen Gefühlen sinnvoll umzugehen, damit sie nützen und keinen Schaden anrichten, ganz besonders im zwischenmenschlichen Bereich?

Hinweise in der Bibel

Die Bibel kennt zwei entgegengesetzte Kräfte im Inneren eines Christen: auf der einen Seite die «alte Natur», im Neuen Testament auch «das Fleisch» genannt, und auf der anderen Seite die «neue Natur», die vom Geist Gottes regiert wird. Daraus entspringen teilweise die negativen und andererseits die positiven Emotionen. Gottes Absicht ist es, uns mit positiven Emotionen zu erfüllen – auch wenn er Leid und Trauer bei uns zulässt. So sagt Jesus zum Beispiel in seiner Abschiedsrede kurz vor seinem Tod zu den Jüngern: «Ich habe euch das gesagt, damit meine Freude euch erfüllt und eure Freude vollkommen wird. Meine Weisung an euch lautet: Liebt einander so, wie ich euch geliebt habe!» (Joh. 15,11–12).

«Ich habe euch das gesagt, damit ihr in meinem Frieden geborgen seid» (Joh. 16,33).
Jesus hat zwar in diesen Augenblicken unendlich grosses Leid vor Augen, aber das Ziel seiner langen Ansprache an die Jünger besteht nicht darin, sie an seinem inneren Kampf teilhaben zu lassen, sondern bei ihnen tiefgründige Freude, göttliche Liebe, Geborgenheit und Frieden auszulösen. So viel an uns liegt, sollen wir unseren freien Willen, unsere Energie dazu einsetzen, um die negativen Emotionen so weit wie möglich zu vermeiden oder – wenn sie auftreten – sinnvoll zu verarbeiten. Paulus beschreibt das so: «Was die menschliche Natur erzeugt, ist offensichtlich: ... Feindseligkeit, Streit und Eifersucht, Zornausbrüche, Intrigen, Zwistigkeiten und Spaltungen, Neid, ... Wer so lebt, wird in Gottes Reich keinen Platz haben. Doch die Frucht, die der Geist wachsen lässt, ist: Liebe, Freude, Frieden, Geduld, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut und Selbstbeherrschung» (Gal. 5,19 ff.).

Es gilt zu lernen, die Emotionen wahrzunehmen, sie zu akzeptieren und wenn nötig zu steuern.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 07/2022