Zurück zu den Wurzeln kann nur, wer auch Wurzeln hat. Erfrischende Perspektiven über das Leben und Älterwerden. Im Gespräch mit Autor und Musiker Gerhard Schnitter.
Interview: Nicola Vollkommer/Daniela Wagner
21. Januar 2022

Sie sind Autor des kürzlich erschienenen Buches: «Wie möchte ich alt werden?» – Warum dieses Thema?

Schon seit Längerem stellen meine Frau und ich fest, dass viele Mitmenschen eher planlos auf den letzten Abschnitt ihres Lebens zugehen – nicht in Bezug auf die Vorsorge für die äusseren Umstände, sondern im Blick auf geistliche Erwartungen und Ziele. Daher auch der Titel: «Wie möchte ich alt werden?» Antworten dazu fanden wir in den Erfahrungen anderer und ganz besonders in der Bibel. Dort wird das Thema «Alter» ja nicht ausgeklammert. So entwickelten sich Fragen wie: Versöhnung auch im Alter? Geistliche Ernährung? Können wir uns auf Gottes Versprechen verlassen? Geistliche Früchte im Alter? Vorbereiten auf die Ewigkeit? In meinem Buch versuche ich, auf Begegnungen und Gespräche mit älteren Menschen zu antworten.

Im dritten Lebensabschnitt warten noch grosse Möglichkeiten. Wir freuen uns darüber, diese mit anderen zu entdecken – Ältere und solche, die es mal werden wollen (lacht).

Wie sah das bei Ihnen aus? War da Respekt vor diesem neuen Abschnitt?

Genau, irgendwann stellte sich auch für uns die Frage nach dem Ruhestand. Dazu wäre es wohl auch gekommen, doch dann erhielten wir eine Mailanfrage aus Asunción, Paraguay. Wir sollten für zwei Jahre den Chorleiter der deutschsprachigen Mennonitengemeinde vertreten. Fragen kamen auf: Ist das der nächste Schritt für uns? Dürfen wir uns das noch zutrauen? Und was ist mit unserer jüngsten (damals 16-jährigen) Tochter? Wir baten Gott um Klarheit. In diesen Tagen lasen wir in den Herrnhuter Losungen: «Steh auf, nimm das Kind und seine Mutter mit dir und flieh nach Ägypten und bleib dort, bis ich dir’s sage» (Matth. 2,13). Alles klar! Wir nahmen es als einen humorvollen Hinweis unseres Herrn. Die Jahre in Südamerika waren für uns eine wunderbare Bereicherung und Horizont­erweiterung in mancherlei Hinsicht. Wir durften sogar einiges über die indigenen Menschen dort lernen. Gott hat uns gebraucht und gesegnet.

Befreit und unbelastet leben – das streben Sie an. Wie zeigt sich das konkret in Ihrem Alltag?

Mit dem Älterwerden hört die Beziehungspflege zu Gott und Menschen nicht auf. Aber dazu darf nichts Ungeklärtes zwischen mir und anderen stehen. Klarheit ist die Voraussetzung für ein offenes und befreites Verhältnis zu Gott, damit wir uns ihm anvertrauen können. Unser Verhältnis zu ihm soll nicht durch menschliche «Ablagerungen» getrübt sein.

Lesen Sie das ganze Interview in ethos 02/2022