Fremdes und Ungewohntes fühlt sich erst mal falsch an, doch unsere eigenen Verhaltensweisen hinterfragen wir selten – schliesslich war es ja schon immer so.
Sabine Kähler
15. März 2021

Schon früh habe ich gelernt, dass man nicht mit den Fingern, sondern mit Messer und Gabel essen soll. Die Mahlzeit auf dem Teller mit den Fingern mischen? Diese danach ablecken?

Für mich nicht denkbar und total unanständig – auf vielen Teilen dieser Welt hingegen normaler Alltag. Aber ist denn nun meine Art, zu essen, die richtige? Esse ich anständiger als diese Menschen? Darf ich sie deswegen belächeln und mich gleichzeitig innerlich über sie erheben, weil ich es «besser» mache?

Jeder Mensch ist kulturell geprägt und empfindet das Gewohnte als normal und das Ungewohnte als fremd – bis hin zur Unterscheidung in richtig und falsch. Unsere eigenen Verhaltensweisen hinterfragen wir nur selten. Wir machen und halten für richtig, was uns von Kindesbeinen an vermittelt und in unserer Gesellschaft gelehrt wurde.

Die Welt um uns herum setzt Massstäbe, und nur allzu oft übernehmen wir sie ungeprüft. Mode, Schönheitsideale oder moralische Wertvorstellungen ziehen unbemerkt in unser Denken ein und werden in unserem Handeln sichtbar. Auch unsere Herkunftsfamilie setzt uns einen Stempel auf und beeinflusst uns. Wir lernen Gesprächskultur, Beziehungspflege und Arten der Konfliktlösung. Eine gute Familienprägung wird im weiteren Leben hilfreich sein (Spr. 22,6) und zum Segen werden. Was aber, wenn ein Kind gelernt hat, dass Sucht und Gewalt legitime Strategien sind, um mit Problemen umzugehen?

Nicht zuletzt spielt auch die gemeindliche oder kirchliche Prägung eine grosse Rolle. Rituale und Abläufe, die wir gewohnt sind, empfinden wir als normal und damit richtig. Hier fühlen wir uns sicher und geborgen, weil uns alles vertraut ist. Ungewohntes beäugen wir misstrauisch, denn es fühlt sich erst mal falsch an.

Lesen Sie den ganzen Artikel in ethos 03/2021.