Von Illusion und Befreiung
André Töws
19. April 2023

Weshalb scheitern heute so viele Ehen? Weshalb hat sich das Glück so schnell verflüchtigt und nichts als Enttäuschung, Frust und Bitterkeit hinterlassen? Kann es sein, dass man mit falschen Erwartungen gestartet ist? Mit der Illusion, ein Mensch – in diesem Fall der Ehepartner – könne unsere tiefsten Bedürfnisse befriedigen?

Da wo der Ehepartner als Quelle der eigenen Zufriedenheit angesehen wird, erlebt man früher oder später eine Enttäuschung. Es wird etwas von ihm erwartet, was er dauerhaft nicht geben und sein kann. Eine solche Haltung überfordert den Partner und gefährdet die Beziehung. Unser Glück wäre somit von der Tagesform des andern abhängig – Enttäuschungen können da nicht ausbleiben. Diese Sichtweise macht uns aber selbst auch zu schlechten Ehepartnern. Wir gleichen einem leeren Glas, das ständig drängt: «Füll mich! Schliesslich bin ich mit dir verheiratet.»

Aber wie werden wir denn zufriedene Menschen? Die grundsätzliche Frage drängt sich hier auf: Was ist eigentlich unsere Bestimmung?

Wir sind Anbeter

Es war immer Gottes Wunsch, eine enge Beziehung zu uns Menschen zu haben. In seinem Ebenbild geschaffen sind wir – im Gegensatz zum Tier – fähig, Gott ein Gegenüber zu sein. Er offenbarte am Berg Sinai seinem Volk Israel, wie sich diese Beziehung gestalten sollte: «Ich bin der HERR, dein Gott, der ich dich aus dem Land Ägypten, aus dem Sklavenhaus herausgeführt habe. Du sollst keine anderen Götter haben neben mir ... Denn ich, der HERR, dein Gott, bin ein eifersüchtiger Gott» (2. Mose 20).

Gott zeigte sich als Retter, indem er das Volk aus dem Sklavendienst befreite. Niemand anders als er sollte ihr Herr sein. Er duldet keine Konkurrenz!

Frei, um Gott zu dienen und ihn anzubeten, das ist das Ziel, das sich auch im Neuen Testament durchzieht. Es hat schwerwiegende Folgen, wenn man Gott den Dank und die Ehre verweigert: «Denn obwohl sie von Gott wussten, haben sie ihn nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt, sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren Gedanken, und ihr unverständiges Herz ist verfinstert. Da sie sich für Weise hielten, sind sie zu Narren geworden. Und haben die Herrlichkeit des unvergänglichen Gottes vertauscht ...» (Röm. 1,21–23).

Gott lässt sich in der ganzen Schöpfung erkennen. Die natürliche Konsequenz wäre die Anbetung des Schöpfers. Aber der Mensch hat diese vertauscht. Es ist nicht etwa so, dass eine Gruppe von Menschen anbetet und die andere nicht – vielmehr stimmt folgende Tatsache: Die einen beten den einzig wahren Gott an, die anderen etwas Geschaffenes. Paul David Tripp meinte: «Bei Anbetung geht es in erster Linie nicht um eine Aktivität, es geht um Identität. Wir sind Anbeter.» Daran ändert sich auch dann nichts, wenn zwei Menschen heiraten und eine neue Einheit bilden.

Was ist Gottes Hauptziel für die Ehe? Natürlich, dass wir einander lieben, Zeit miteinander verbringen, eine Familie gründen. Das sind gute Ziele, aber das ist nicht die Hauptbestimmung eines Ehepaares. Die höchste Bestimmung ist die Anbetung Gottes.

Es ist möglich, dass etwas, was an sich nicht schlecht ist, einen zu grossen Stellenwert bekommt und Gott aus dem Mittelpunkt unseres Lebens und unserer Ehe verdrängt. Dass unser Herz an etwas anderem hängt als an ihm.

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